Ich freue mich sehr über die Interview Anfrage vom DigitalPHOTO Magazin! Zum einen ist es als Fotografin schon ganz schön toll, in einem Fotomagazin veröffentlicht zu sein und zum anderen freue ich mich immer, wenn die dokumentarische Familienfotografie an Bekanntheit gewinnt.
Hier kommt das Interview in Textform:
Marcia Friese ist eine preisgekrönte Fotografin mit Schwerpunkt auf dokumentarischer Familienfotografie und Geburtsfotografie. Ihr besonderes Interesse gilt der Darstellung von natürlichen und diversen Familienrollenbildern in den Medien. Sie hat einen Bachelor-Abschluss über die Ethik und Auswirkungen von Geburtsfotografie auf das Bild von Geburt und Wochenbett in der Gesellschaft. Als zertifizierte Geburtsfotografin von Birth Becomes Her setzt sie sich für eine positive Veränderung in der Geburtshilfe ein. Marcias Bilder werden in renommierten Magazinen, Online-Publikationen und Fachzeitschriften veröffentlicht, wo sie zu einem vielfältigeren und inklusiveren Bild von Familie beitragen. Sie hat mehrere Auszeichnungen beim Documentary Family Awards erhalten und ihre Werke wurden in der Photo Vogue veröffentlicht. Marcia ist bekannt für ihre einfühlsamen und authentischen Aufnahmen, die die einzigartigen Momente des Familienlebens festhalten.
Zusammen mit Chiara Doveri betreibt Marcia Friese seit einigen Jahren die Webseite chiara-und-marcia-fotografie.de, auf der Workshops für angehende Fotografinnen angeboten werden. Dabei teilen sie ihr umfangreiches Wissen und ihre Erfahrungen, entwickeln Musterverträge und Email-Templates speziell für Fotografinnen und unterstützen sie bei ihrem beruflichen Werdegang. Ihre gemeinsame Leidenschaft besteht darin, andere Fotografinnen zu inspirieren und ihnen das nötige Rüstzeug für eine erfolgreiche Karriere mit auf den Weg zu geben.
Instagram für FotografInnen: https://www.instagram.com/chiara_und_marcia_fotografie/Instagram Persönlich: https://www.instagram.com/marcia_friese_worte_und_bilder/Website für Fotografinnen: https://chiara-und-marcia-fotografie.de/Website Persönlich: https://marciafriese.de/
Wie lange fotografieren Sie bereits Familien und was hat Sie dazu motiviert, sich auf authentische Familienfotografie zu spezialisieren?
Ich fotografiere nun schon seit etwa 13 Jahren dokumentarisch Familien und habe während meines Studiums zur Fotografie meine Leidenschaft für dieses Genre entdeckt. Es gibt einen bestimmten Moment, der mir noch klar in Erinnerung ist und der meine Entscheidung, mich mit dem Thema Familienfotografie zu beschäftigen, maßgeblich beeinflusst hat. Es war eine Ausstellung von Nan Goldin, in der sie intime Momente, Emotionen, Krankheit, Tod und menschliche Beziehungen fotografisch festgehalten hat. Diese Bilder haben mich tief berührt, weil sie den eben Kern des Menschseins einfangen. Es war für mich klar, dass genau diese relevanten und bedeutenden Momente einer Biografie es sind, die es wert sind, festgehalten zu werden. Ich habe mich also nicht direkt für Familienfotografie entschieden, in dem Sinne, sondern für die Bedeutenden, einschneidenden Momente im Leben. Geburt und Tod. Intimität, Trauer. Die großen Themen unseres Lebens sind Familienthemen. Der Moment unserer Geburt, unsere Beziehung zu unseren Eltern (egal ob positiv oder negativ, der Abschied von unseren Eltern, selbst Eltern zu werden.
Ich weiß noch, dass ich damals in dieser Ausstellung von Nan Golden absolut fasziniert war von der Fähigkeit einer Fotografin, so nah an Menschen heranzukommen, dass sie diese zutiefst intimen und persönlichen Augenblicke einfangen kann. Das hat mich interessiert und fasziniert. Das erschien mir sehr bedeutend. Und tut es bis Heute!
Ich beschäftige mich in meinen freien Arbeiten mit Geburt und Tod, mit dem Wochenbett und eben diesen Einschneidenden, Lebensverändernden Momenten in einer Biografie. Daraus hat sich ganz natürlich entwickelt, dass ich diese Momente auch als Auftragsarbeit für Familien dokumentiere. Es ist eine große Verantwortung und gleichzeitig eine wunderbare Möglichkeit, Erinnerungen für Familien zu schaffen, die sie ein Leben lang begleiten werden. Es erfüllt mich mit Freude und Dankbarkeit, dass ich einen Beitrag dazu leisten kann, diese intimen und bedeutsamen Momente für meine Kunden festzuhalten. Ganz besonders liebe ich aber daran, dass ich mit der Fotografie Dinge sichtbar und in die Mitte der Gesellschaft stellen kann, die sonst sehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt sind. Die stigmatisiert sind und bei denen wir als Gesellschaft keine Kompetenzen haben, mit ihnen umzugehen. Obwohl es Themen sind, die jede und jeden einzelnen von uns früher oder später betreffen. Wie eben die Geburt und der Tod.
Wie würden Sie grundsätzlich authentische Familienfotografie definieren?
Anders als bei inszenierten Shootings geht es hier nicht darum, eine perfekte Fassade zu präsentieren, sondern darum, das authentische Familienleben einzufangen, ohne Manipulation oder Regieanweisungen. Ich folge den ethischen Grundregeln der Reportagefotografie und halte mich strikt daran, nichts wegzunehmen oder hinzuzufügen. Das wahre, das echte festzuhalten, ist die Grundlage meiner Arbeit. Bei Geburtsfotografie ist das natürlich völlig selbstverständlich, wie können garnicht sagen: oh, können sie das bitte nochmal machen. Deswegen ist das so ein gutes Beispiel. Es geht mir genau darum, das echte festzuhalten, zu dokumentieren.
In der dokumentarischen Fotografie geht es darum, die Angestellten, echten Momente und Emotionen einzufangen, ohne in den Ablauf des Geschehens einzugreifen. Ich beobachte und halte fest, was sich vor meinen Augen entfaltet – sei es ein liebevoller Blick zwischen Eltern und Kind, ein freudiger Moment des Spielens oder auch die kleinen (oder großen) Herausforderungen des Familienlebens.
Durch die dokumentarische Fotografie entstehen Erinnerungen, die einen emotionalen Wert haben. Die Bilder erzählen Geschichten und schaffen eine Verbindung zu den wahren Momenten des Familienlebens. Sie sind wie Zeitkapseln, die uns in die Vergangenheit zurückversetzen und uns daran erinnern, wer wir waren und wie wir uns als Familie entwickelt haben. Dabei ist es mir wichtig, dass die Familien sich in meinen Bildern wiedererkennen und sich mit den Momenten, den Emotionen und den Geschichten identifizieren können. Ich sehe diese Bilder eher als Mittel zur Biografiearbeit. Ein Bild von einer Geburt mache ich aus der Sicht des Kindes, wenn es erwachsen ist. Was wird diesem Mensch wichtig sein? Wie wurde ich willkommen geheißen? Wurde ich geliebt? Was für ein Bild wird dieser Mensch, der da gerade geboren wird für seine Biografie von diesem Moment brauchen?
Die dokumentarische Familienfotografie erfordert ein hohes Maß an Sensibilität, Beobachtungsgabe und Verständnis für die Dynamik innerhalb einer Familie. Es ist eine Verantwortung, die ich als Fotografin sehr ernst nehme. Meine Aufgabe ist es, diese besonderen Momente festzuhalten und ihnen einen dauerhaften Wert zu verleihen. Es ist ein Geschenk, die Möglichkeit zu haben, Familienbilder zu schaffen, die nicht nur ästhetisch ansprechend sind, sondern auch eine tiefere Bedeutung haben. Die dokumentarische Fotografie ermöglicht es uns, die Schönheit des Alltags zu feiern und die kleinen, scheinbar unscheinbaren Momente des Familienlebens zu würdigen.
In meiner Arbeit als dokumentarische Familienfotografin ist es mein Ziel, die einzigartigen Geschichten und die bedeutsamen Momente einer Familie einzufangen. Ich möchte, dass die Familien sich mit meinen Bildern verbunden fühlen und in ihnen die Liebe, Freude und Verbundenheit spüren, die sie als Familie ausmachen. Es ist eine wunderbare Reise, diese besonderen Augenblicke festzuhalten und die Familien dabei zu unterstützen, wertvolle Erinnerungen zu schaffen, die ein Leben lang Bestand haben.
Wie würden Sie den Unterschied zwischen inszenierten Familienfotos und authentischen Familienfotos beschreiben?
Der Unterschied zwischen einem Lifestyle-Familienfoto und einem dokumentarischen Familienfoto liegt in den Zielen und der Herangehensweise der Fotografin. Bei einem Lifestyle-Foto steht die Vision der Fotografin im Vordergrund, ein möglichst schönes Bild zu kreieren. Es geht um tolles Licht, sorgfältig geplante Outfits und perfekt gestylte Haare. Das Ziel ist es, ein Bild zu erzeugen, auf dem alle möglichst schön, passend und glücklich aussehen. Dabei kann ein Lifestyle-Foto durchaus authentisch sein, zum Beispiel wenn die Fotografin die Familie zum Lachen bringt. Dennoch verwende ich den Begriff „authentisch“ nicht für die dokumentarische Fotografie, da er verschiedene Interpretationen zulässt. Authentizität kann bedeuten, dass das Bild natürlich wirkt, aber es kann auch bedeuten, dass es das wahre Leben einfängt.
Die dokumentarische Fotografie hingegen ist ungestellt und echt. Ihr Ziel ist es, dass es etwas Echtes festhält. Sie dient als Erinnerungsstütze, die uns an den Moment erinnert, so wie er wirklich war. Es geht nicht darum, die beste Version von uns selbst zu präsentieren oder wie wir gerne gesehen werden möchten. Es geht darum, das Authentische, das Rohe einzufangen und in den Bildern festzuhalten. Für mich als Fotografin liegt der Fokus immer auf dem Echten, dem Unverfälschten, das mich interessiert und das ich in meinen Bildern zum Ausdruck bringen möchte. Natürlich haben wir auch als dokumentarische FotografInnen einen hohen Anspruch an Ästhetik, an Licht, Komposition und daran, den perfekten Moment zu erwischen um in einem Bild eine ganze Geschichte zu erzählen. Aber wir arbeiten eben mit dem, was sich vor uns abspielt, wir arbeiten mit dem, was das echte Leben uns an Zutaten gibt.
Wie wichtig ist es für Sie, die individuelle Persönlichkeit und Dynamik einer Familie in Ihren Bildern einzufangen?
Das ist eine gute Frage, weil sie mir eine wunderbare Vorlage gibt, zu beschreiben, wie großartig dokumentarische Fotografie ist. Es ist doch so, wenn ich eine Idee für ein Foto habe und das inszeniere, möglicherweise mit einer echten Familie, die sich möglicherweise tatsächlich mit der Kleidung, dem Licht, dem Look meiner Inszenierung identifizieren kann, so wird es doch am Ende so sein, dass man in diesem Bild vor allem meine Vision dieses Bildes sehen wird. Man sieht, ob ich als Künstlerin wollte, dass die Familie lächelt und wie gut ich es geschafft habe, dass sie das auch „authentisch“ tun. Verstehen sie mich nicht falsch, ich verurteile das nicht im geringsten! Es ist einfach ein anderes Genre!
Ich erzähle das nur, weil diese Vision, diese Ästhetische Vision einer Künstlerin oder eines Künstlers, die berührt mich persönlich selten. Was mich aber berührt in Bildern, wenn ich das Gefühl habe, ich kann ein wenig in die Seele der abgebildeten Person blicken. Ich kann ihre Gefühle lesen, ich kann sehen, wie geliebt, getrauert, gelacht wird. Wie Trost gespendet, Mitleid empfunden wird. Wie zwei Menschen gerade Eltern werden und wie ich in ihren Gesichtern erkenne, dass sie gerade dabei sind es zu begreifen. Das sind Dinge, die sind für mich weltbewegend! Und ich hoffe, das beantwortet ihre Frage. Denn ja, ich würde sagen, das ist mir sehr sehr wichtig!
Wie viel Zeit verbringen Sie mit den Familien – treffen Sie sich zum Beispiel öfter oder gibt es nur einen Shooting-Tag.
Oh, das ist sehr unterschiedlich! Es hängt von den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Familie ab oder für was für ein Projekt ich fotografiere. Manchmal haben wir nur ein kurzes Treffen von etwa 1 ½ Stunden für ein spezielles Fotoshooting. Zum Beispiel ist das oft so, wenn ich Familien im Wochenbett besuche und dokumentiere. Ich komme dann kurz nach der Geburt und fotografiere die ersten kennen-lern Momente mit dem neuen Familienmitglied.
Aber es gibt auch Fälle, in denen ich über einen längeren Zeitraum mit einer Familie zusammenarbeite. Wir treffen uns regelmäßig und dokumentieren wichtige Ereignisse wie Geburten oder andere Meilensteine im Leben der Familie. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, die Entwicklung und das Wachstum einer Familie über einen längeren Zeitraum festzuhalten. Es ermöglicht mir, tiefe Verbindungen aufzubauen und je vertrauter die Familien mit mir sind, desto innigere Bilder kann ich meist für sie dokumentieren.
Für mich ist es immer wichtig, dass die Familie sich wohl und entspannt fühlt. Ich möchte ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen und Teil ihres Lebens werden, damit ich authentische und emotionale Momente einfangen kann. Ob es nun nur ein einziger Shooting-Tag oder eine langfristige Zusammenarbeit ist, ich investiere immer meine ganze Leidenschaft und Hingabe in jedes Projekt.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen bei der Arbeit mit Familien, um echte Emotionen einzufangen?
Früher, als ich gerade mit meiner Arbeit als dokumentarische Familienfotografin begann, stand ich oft vor der Herausforderung, dass viele Menschen in Deutschland ein bestimmtes Bild von Familienfotografie im Kopf hatten. Sie dachten an gestellte Bilder, bei denen alle Familienmitglieder in die Kamera lächeln und eine perfekte Pose einnehmen. Das war oft das traditionelle Konzept von Familienfotos, das ihnen vertraut war.
Als dokumentarische Familienfotografin ist es meine Aufgabe, die echten Emotionen und Momente in einer Familie einzufangen, ohne dabei zu inszenieren oder Anweisungen zu geben. Das war manchmal eine Herausforderung, weil die Familien unsicher waren und versuchten, sich selbst zu inszenieren oder sich unwohl fühlten, wenn sie nicht direkt in die Kamera schauten und lächelten.
Mit der Zeit habe ich jedoch festgestellt, dass viele Menschen sich eigentlich genau das wünschen, was die dokumentarische Familienfotografie bietet. Sie möchten natürliche und authentische Bilder, die ihren Alltag und ihre Erinnerungen widerspiegeln. Der Begriff der dokumentarischen Fotografie ist ihnen jedoch oft nicht bekannt oder sie wissen nicht, dass es diese alternative Herangehensweise gibt.
Aus diesem Grund ist es für uns als dokumentarische Familienfotografen von großer Bedeutung, unsere Kunden vor dem Fotoshooting über unseren Ansatz und unsere Arbeitsweise aufzuklären. Wir müssen ihnen erklären, warum wir keine gestellten Bilder machen, sondern echte Momente einfangen möchten. Eine gute Kommunikation und Information vor dem Fotoshooting sind der Schlüssel, um Vertrauen aufzubauen und sicherzustellen, dass sich die Familien entspannen und sich selbst sein können.
Nur wenn wir unsere Kunden über die dokumentarische Fotografie aufklären und ihnen erklären, dass wir ihren Alltag und ihre Erinnerungen festhalten möchten, können wir diese authentischen und bedeutsamen Momente wirklich einfangen. Es ist wichtig, ihnen zu vermitteln, dass es nicht darum geht, perfekt auszusehen oder in die Kamera zu lächeln, sondern darum, die einzigartigen Geschichten und Emotionen ihrer Familie einzufangen. Ich habe meine Kommunikation da in den letzten Jahren perfektioniert und gemerkt, dass es einfach ein paar bestimmte Fragen und Aussagen braucht, damit die Menschen sich beim Fotoshooting auch so authentisch verhalten können, dass ich überhaupt echte und ungestellte Bilder von ihnen festhalten kann. Seit einigen Jahren gebe ich dieses Wissen mit meiner Kollegin Chiara Doveri an andere angehende dokumentarische Fotografinnen weiter.
Wie gehen Sie mit Kunden um, die sich vor der Kamera unsicher fühlen und sich nicht authentisch zeigen können?
Oh, das ist eine Herausforderung, der wir uns als dokumentarische Familienfotografen oft stellen müssen. Wenn Kunden sich vor der Kamera unsicher fühlen und Schwierigkeiten haben, sich authentisch zu zeigen, ist es wichtig, einfühlsam und unterstützend zu sein und vor allem, eine persönliche Verbindung aufzubauen. Wir sind hier in einem so privaten Bereich, ich denke es ist unmöglich und für mein Empfinden auch nicht richtig, dort als „Fotografin“ zu sein. Ich denke, wir sind dort als wir selbst, mit unserer Persönlichkeit.
Eine der Schlüsselkomponenten liegt jedoch bereits in der Vorbereitung auf das Fotoshooting. Wenn wir unseren Kunden im Vorfeld erklären, wie wir arbeiten und was sie von einer dokumentarischen Familienfotografie erwarten können, können wir bereits Ängste und Unsicherheiten mindern. Wir können ihnen vermitteln, dass es bei dieser Art der Fotografie nicht darum geht, perfekte Posen einzunehmen oder in die Kamera zu lächeln, sondern einfach sie selbst zu sein. Und auch eine Verbindung und Vertrauen können wir gut schon im Vornherein aufbauen!
Wenn ich merke, dass ein Kunde sich immer noch unsicher fühlt oder Schwierigkeiten hat, sich authentisch zu zeigen, versuche ich, auf einfühlsame Weise mit ihnen zu kommunizieren, hier hilft es auch sehr, Gemeinsamkeiten zu finden oder auf Themen zurück greifen zu können, die in Vorgesprächen gefallen sind.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die vorbereitende Arbeit und die Klärung der Erwartungen vor dem Fotoshooting der Schlüssel sind, um das Beste aus einer dokumentarischen Familienfotografie herauszuholen. Wenn wir diesen Schritt vernachlässigen, kann es schwierig sein, das Ruder während des Fotoshootings herumzureißen und eine authentische Atmosphäre zu schaffen.
Wie arbeiten Sie mit Kindern während eines Familienfotoshootings, um ihre Unbeschwertheit und Lebendigkeit einzufangen?
Es gibt keinen allgemeinen Ansatz, der für alle Kinder gleichermaßen funktioniert, da jedes Kind einzigartig ist und unterschiedliche Bedürfnisse hat.
Der Schlüssel liegt darin, ein echtes und ehrliches Interesse an den Kindern zu zeigen. Wenn sie spüren, dass wir sie wirklich wahrnehmen und uns für sie interessieren, fühlen sie sich schneller wohl und entspannt. Ich nehme mir Zeit, um mit den Kindern zu interagieren, ihnen zuzuhören und ihre Persönlichkeiten kennenzulernen.
Kinder sind so vielfältig wie Erwachsene. Einige sind schüchtern, andere sind offen und extrovertiert. Es gibt Quasselstrippen, die vor Energie sprühen, und ruhige Kinder, die ihre Umgebung beobachten. Bei jedem Kind ist es wichtig, aufmerksam zu sein und zu erkennen, was es gerade braucht. Manchmal brauchen sie vielleicht etwas Zeit, um sich an die Situation zu gewöhnen, während andere sofort bereit sind, loszulegen und zu spielen. Manchmal heisst das auch, erst einmal zu spielen oder sich alle Spielsachen zeigen zu lassen oder erst einmal mit den Eltern Kaffee zu trinken und sich zu unterhalten, bis man sich aneinander gewöhnt hat.
Gibt es bestimmte Orte oder Umgebungen, die Sie für Familienfotos bevorzugen, um die Stimmung und den Charakter der Familie zu reflektieren?
Oh, definitiv! Bei der Auswahl des Ortes für Familienfotoshootings ist es wichtig, dass der Ort eine Bedeutung für die Familie hat. Es geht darum, einen Ort zu finden, der ihre Persönlichkeit, ihre Geschichten und ihre Beziehungen widerspiegelt.
Eine meiner bevorzugten Optionen ist das Zuhause der Familie. Das eigene Zuhause ist ein intimer Ort, an dem sich die Familie am wohlsten fühlt und authentisch sein kann. Hier gibt es so viele Dinge, die eine Geschichte über die Familie erzählen – die gemütliche Leseecke, das Chaos im Kinderzimmer oder der liebevoll gestaltete Garten. Diese Details verleihen den Fotos eine zusätzliche Tiefe.
Natürlich gibt es auch andere Orte, die sich gut eignen, um die Stimmung und den Charakter einer Familie widerzuspiegeln. Es können beliebte Spielplätze, Parks oder andere besondere Orte sein, an denen die Familie gemeinsam Zeit verbringt und schöne Erinnerungen schafft. Solche Orte haben oft eine emotionale Bedeutung für die Familie und tragen dazu bei, dass sich alle wohl und entspannt fühlen.
Wie unterstützen Sie Familien bei der Auswahl von Kleidung und Posen, um ein harmonisches Gesamtbild in den Fotos zu erzeugen?
Bei meiner Herangehensweise an die dokumentarische Familienfotografie liegt der Fokus nicht auf der Auswahl von Kleidung und Posen, um ein harmonisches Gesamtbild zu erzeugen. Vielmehr geht es darum, die Familie so authentisch und natürlich wie möglich einzufangen. Posen gibt es also nicht, weil ich die Familie in ihrem Alltag begleite.
Wenn jemand Fragen zur Kleidung stellt, ist das für mich ein Hinweis darauf, dass ich möglicherweise nicht klar genug kommuniziert habe, wie ich arbeite. Ich nutze diese Gelegenheit, um zu erklären, dass es bei der dokumentarischen Familienfotografie darum geht, authentische Erinnerungen einzufangen, die über die Wahl der Kleidung hinausgehen, das es darum geht, wie sie sich fühlen und nicht, wie sie aussehen.
Eine Frage, die ich gerne stelle, um die Familie bei der Vorbereitung zu unterstützen, lautet: ‚Woran möchtet ihr euch später erinnern?‘ Diese Frage hilft uns, uns auf die wahren und bedeutsamen Momente zu konzentrieren, die in 30 Jahren von größerer Bedeutung sein werden als die Wahl der Kleidung. Es geht darum, Erinnerungen an die Beziehungen, die Emotionen und die einzigartigen Geschichten festzuhalten.
Und wie gesagt, Posen gibt es nicht. Stattdessen beobachte ich die natürlichen Interaktionen und den spielerischen Austausch innerhalb der Familie. Es geht darum, den Familienmitgliedern Raum zu geben, sie selbst zu sein und die Magie ihrer Beziehungen einzufangen. Auf diese Weise entstehen authentische und emotionale Bilder, die die wahre Dynamik der Familie widerspiegeln. Die Ästhetik meiner Bilder beeinflusse ich durch meine Wahl des Ausschnittes, der Komposition, meiner Einstellungen und der Perspektive, die ich wähle, nicht in dem ich Einfluss auf meine Motive nehme.
Eine Frage muss ich zu den Blumenbildern stellen – was hat es damit auf sich – oder anders gefragt: Sie fotografieren nicht nur Familien, sondern auch für andere Kund*innen – welche?
Tatsächlich fotografiere ich nicht nur Familien, sondern auch für andere Kundinnen und Kunden. Ein Bereich, der mich besonders inspiriert und begeistert, ist die Fotografie von Business-Reportagen nachhaltiger Gründerinnen, Handwerkerinnen und Künstlerinnen. Hier habe ich das Privileg, außergewöhnliche Frauen zu begleiten, die mit ihren Ideen und ihrem Business die Welt ein Stückchen besser machen.
Ein Beispiel ist Malin Lüth, eine Blumengärtnerin, die nachhaltig angebaute Blumen kultiviert. Ich begleite sie seit ihrer Gründung und dokumentiere ihre Arbeit und den Jahresverlauf auf ihrem Blumenfeld. Es ist faszinierend zu sehen, wie sie mit Leidenschaft und Hingabe wunderschöne und ethisch vertretbare Blumen hervorbringt.
Ein weiteres beeindruckendes Projekt ist Laura Moser, eine Schuhmacherin, die mit ethisch vertretbarem und nachhaltigem Leder arbeitet. Ihre handgefertigten Schuhe sind nicht nur von höchster Qualität, sondern auch ein Statement für nachhaltigen Konsum. Es ist eine Freude, Lauras handwerkliches Können und ihre Leidenschaft für nachhaltiges Schuhwerk durch meine Fotografie zum Ausdruck zu bringen.
Diese Art von Business-Reportagen erlauben es mir, die Geschichten und Ideen dieser bemerkenswerten Frauen visuell festzuhalten und ihre Botschaften zu verbreiten. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, meine fotografische Expertise einzusetzen, um die Welt auf inspirierende Unternehmerinnen und ihre positiven Beiträge aufmerksam zu machen.
Welche Kamera-Ausrüstung und Techniken nutzen Sie für Ihre Fotos?
Weil ich nicht blitze oder mit künstlichem Licht arbeite sondern immer mit dem Licht arbeite, was vorhanden ist, ist es für mich wichtig eine Lichtstarke Ausrüstung zu haben. Momentan arbeite ich mit der Sony alpha 7 IV und den Festbrennweiten 50 1,2 das wirklich fantastisch Lichtstark ist und dem 24 1,4. Ich bearbeite mit Adobe Lightroom.
Vielleicht können Sie auch noch kurz darüber sprechen, welche Blende, Belichtungszeiten etc. Sie verwenden, und warum?
Ich arbeite gern mit einem sehr kleinen Schärfebereich, tatsächlich nutze ich garnicht so selten eine Blende von 1,2 und 1,4. Ich mag es, wenn nicht zu viel Information auf einem bild ist, ich finde, da überfordert die moderne digitale Technik das Auge. Vielleicht ist es sogar eine Unentschlossenheit, wenn alles überall scharf ist. Und die Belichtungszeit kann ich so nicht pauschalisieren, weil ja mit ihr meine Belichtung steuere und so sehr unterschiedliche Werte habe. Vielleicht eine Regel, an die ich mich meistens halte ist, dass ich mit Kindern, die sich bewegen, meist über f 1/250 bleibe, damit ich keine Bewegungsunschärfe im Bild habe. Oh und keine große Angst vor hohen ISO Werten und lieber eine große Liebe für Low Light Fotografie und zu grain!
Welche Rolle spielt die Bildbearbeitung bei Ihren Fotos? Wie halten Sie die Balance zwischen natürlicher Darstellung und künstlerischer Nachbearbeitung?
Ich wollte gerade sagen, keine große. Aber das stimmt vermutlich nicht. Was ich meine ist, meine Bilder sind nicht sehr stark bearbeitet aber dennoch sehe ich die Bildauswahl und die Bildbearbeitung als Gleichwertigen Teil der künstlerischen Arbeit und würde ein RAW nicht als mein fertiges Bild bezeichnen.
Was möchten Sie mit Ihren Familienfotos bei den Menschen auslösen und welche Ausage möchten Sie vermitteln?
Mit meinen Familienfotos möchte ich nicht nur individuelle Geschichten erzählen, sondern auch einen Beitrag zur gesellschaftlichen Vielfalt leisten. Ich glaube fest daran, dass das Private politisch ist und dass die Art und Weise, wie wir Familien darstellen, die öffentliche Wahrnehmung und das Verständnis von Familie beeinflussen kann.
Durch die Darstellung unterschiedlicher Lebensrealitäten, sei es in Bezug auf Geburtsformen, Trauerarten, verschiedene Familienformen oder Diversität, möchte ich dazu beitragen, bestehende Vorurteile und Stereotypen zu hinterfragen und aufzubrechen. Ich möchte dazu ermutigen, dass jede Familie in ihrer Einzigartigkeit und Individualität wertgeschätzt und respektiert wird.
Indem ich Familien in ihrer ganzen Vielfalt porträtiere, trage ich dazu bei, dass verschiedene Lebensweisen und Familienformen sichtbar und akzeptiert werden. Ich möchte einen Raum schaffen, in dem sich Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen repräsentiert fühlen und in dem sie sich mit den dargestellten Familien identifizieren können.
Mein Ziel ist es, die gesellschaftliche Debatte über Familie und Vielfalt zu bereichern und Vorstellungen von „Normalität“ zu hinterfragen. Ich möchte dazu beitragen, dass alle Familien die gleiche Wertschätzung und Anerkennung erfahren, unabhängig von ihrer Konstellation oder Lebensform.
Durch meine Fotografie möchte ich dazu ermutigen, dass Familien stolz auf ihre Einzigartigkeit sind und dass sie sich in ihrer Vielfalt und Diversität feiern. Ich möchte zeigen, dass es viele Wege gibt, eine Familie zu sein, und dass jede dieser Formen wertvoll und bedeutsam ist.
Letztendlich geht es mir darum, dass meine Familienfotos nicht nur individuelle Geschichten erzählen, sondern auch einen gesellschaftlichen Wandel anstoßen. Ich möchte dazu beitragen, dass Familien in all ihren Facetten und Lebensrealitäten sichtbar werden und dass die Vielfalt der Familienformen in unserer Gesellschaft anerkannt und geschätzt wird. Denn nur durch Offenheit und Akzeptanz können wir eine inklusive und vielfältige Gesellschaft schaffen.
Erzählen Sie uns von einem besonderen Moment, den Sie während einer Fotosession erlebt haben.
Hmmm. Einen Moment herauszulösen ist garnicht so einfach. Die Geburten und der Tod, das sind auf jeden Fall die Momente, die für mich am bewegendsten und beeindruckendsten sind, die mich zutiefst und nachhaltig prägen. Doch, mir fällt ein Moment ein! Meine letzte Geburtsreportage. Ich kam nachts in die Wohnung, die Mama lag im Kerzenschein im Geburtspool in ihrem Wohnzimmer, ihr Mann neben ihr, das Geschwisterkind schlief im Nebenzimmer und die Hebamme war noch nicht da. Ich hörte schon beim hereinkommen, dass es nicht mehr lang gehen würde. Das Kind war nach wenigen Wehen geboren und der Vater hatte es unter Wasser in empfang genommen und der Mutter auf die Brust gelegt. Und es war so normal, so friedlich, so wunderschön wie diese drei sich in aller Ruhe im Kerzenschein in ihrem Wohnzimmer kennen gelernt haben. Als die Hebamme später klingelte, hörte ich nur wie der Papa an der Tür sagte „Überraschung!“. Und bei diesem Moment dabei sein zu dürfen, der so bedeutungsvoll, so unbeschreiblich schön und wichtig ist. Das ist wirklich das allergrößte!
Was macht Ihrer Meinung nach ein Familienfoto wirklich einzigartig und unvergesslich?
Ich vermute, es sind die Dinge, die wir erst sehr viel später in ihnen sehen. Als meine Mutter gestorben ist, haben die Bilder und was ich in ihnen gesucht habe, eine ganz neue Bedeutung bekommen. Ich versuche Bilder zu machen, in denen man später genau diese Dinge findet.
Comments